Seltenheit ist kostbar.Oder aber: Blind für Reichtum?

Jeder kennt es, viele vermissen es, einige erfahren es auf langen Zeitraum, andere wiederum nur kurzzeitig oder aber gar nicht. Es gibt viele verschiedene Arten, und noch viele mehr Wege wie damit umgegangen wird. Wovon ich hier schreibe? Ich schreibe von den positiven Gefühlen, in Verbundenheit mit anderen Lebewesen. Um genau zu sein: Die Zuneigung zu einem anderen Menschen oder aber zu seinem geliebten Haustier, und was all das überhaupt mit uns anrichten kann.
Ich bin kein Mensch der viel Zuneigung gibt oder annimmt. Es zuzulassen ist eine Hürde, die Grauen auslöst. Für viele völlig unverständlich, für so manch anderen aber durchaus nach zu vollziehen. Nur bei wenigen, direkt gesagt, bei zwei Personen entsteht bei mir kein Gefühl der Gefangenschaft, keine Ängste, kein Misstrauen oder der Gleichen, nein ,ganz im Gegenteil. Und auch gegenüber meinem geliebten Haustier, in diesem Fall ein kleines getigertes Wesen das gerne viel Miaut und recht verfressen ist, besteht kein Unwohlsein. Wie das sein kann? Um ehrlich zu sein, ich werde selbst nicht daraus schlau. Zu Tieren hatte ich immer einen „guten Draht“ wie man sagen könnte. Die Liebe zu ihnen war immer schon da. Was die beiden besonderen Menschen angeht – es war nicht immer einfach. Doch wie jeder weiß, schweißen auch schwere Zeiten einander unglaublich fest zusammen.
Bei Person Nr.1, meiner Mum, könnte man ja ganz simpel sagen „Ich liebe sie so, weil es halt meine Mutter ist“ doch das stimmt nur zum Teil. Jedenfalls ist es nicht der alleinige Grund. Das wäre ja auch zu einfach! Nein, für mich ist sie mehr als nur eine Mutter. Für mich ist sie wie eine sehr gute  Freundin, der man alles Leid, jeden Witz ans Ohr leiern darf, jedes noch so  Belanglose oder aber tiefgreifende Thema besprechen kann. Sie ist ein Mensch den ich beschützen will und von dem ich ebenfalls jeder Zeit beschützt werde. Ein Mensch der nicht nur ein offenes Ohr oder eine Schulter zum Anlehnen hat, sondern in jeder Situation dasselbe verlangen kann. Ein Mensch auf den ich unsagbar stolz bin, über den ich mich immer freue, unabhängig von Laune und Wetter. Jemand für den man töten würde. Ein Mensch hinter dem man 100%tig steht, egal was passiert, ohne jeden noch so kleinen Zweifel. Ein Mensch den man um nichts in der Welt missen möchte und so unbezahlbar ist, das kein Geld der Welt jemals an den Wert dieses Menschen herankommen könnte.
Bei Person 2, ist es kaum anders. Es ist in vielen, vielen, vielen Punkten dasselbe Gefühl. Auch sie ist mehr wert, als alle Schätze der Welt. Auch sie bedeutet mir so viel, das es kaum in Worte zu fassen ist. Na, jetzt werden sich einige mit großer Neugierde fragen „Wer ist denn Person 2? Wer steckt denn dahinter?“ manche mögen es vielleicht schon ahnen. 2 Sätze weiter wird sich neben der Neugierde vielleicht sogar Enttäuschung breit machen, Wut, Eifersucht. Doch Gefühle sucht man sich nicht aus, nicht wahr? Egal wer da vor einem steht, was sein Gegenüber auch für Leistungen aufbringt. Das klingt in erster Linie unfair und egoistisch, undankbar zudem – ich weiß. Doch ich bin unfassbar dankbar für dieses Gefühl, vor allem für diese Personen – meine Mum und… Na? 100 Punkte an jene die im stillen „Laura“ dachten. Und ja, um nichts in der Welt würde ich sie hergeben wollen.
Was haben diese beiden Personen getan, das sie mir so unglaublich wichtig wurden? Gute Frage. Sie waren da – immer, jeder Zeit. Sie teilen dieselben Ansichten, Gedanken, Vorgehensweisen. Sogar zum Teil dieselben Probleme. Das Verständnis ist groß, größer noch ist die Geduld, und noch viel größer, die Freiheit die sie mir geben und vor allem auch lassen. Es gibt keinen Gedanken der sagt „Das stört mich aber an der Person“, nein, man akzeptiert und liebt die Person, so wie sie ist, mit all ihren Fehlern – ganz egal welche. Ehrlichkeit und Offenheit scheint wie ein festes, rotes Band, das stets präsent ist und nie gekappt wird. Die Angst einander zu verlieren ist so furchtbar, das man Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde, um dies zu verhindern.
„Nun, das kann ich doch auch, das habe ich doch oft genug gesagt, und gezeigt“ mögen manche nun denken. Ist es denn so? Bin ich vielleicht einfach nur blind? Das mag sein. Eine genaue Antwort darauf fällt mir kaum ein. Vielleicht – nein, ganz sicher- liegt es auch daran das mir diese zwei Menschen vollkommen reichen.. das ich gar nicht will, das noch jemand einen solchen Platz in meinen Leben bezieht. Es lässt mich daran denken, dass es Menschen in meinem Leben gab, die eben genau dies versucht haben, nur um kläglich zu scheitern. Auf Biegen und Brechen, wurde versucht ein Bonus bei mir zu ernten, der nicht zu erreichen war. Ich kann es verstehen – denn ist man durch nicht erwiderte Zuneigung verletzt und enttäuscht, obwohl man viel tut und versucht den Anforderungen gerecht zu werden, sagt und tut man dann wiederum Dinge, die schädlich für beide Seiten sein können. Es werden Fehler in die Welt geworfen, die nicht wieder auszubügeln sind und einen bitteren Geschmack hinterlassen. Doch wer es geschafft hat, dem werde alle Fehler verziehen, richtig?

M.L.

Anderswo

Lange habe ich nichts geschrieben,lange war mein Kopf leer, meine Seele ausgelaugt,das Herz still.
Der Sommer kam schnell,doch die Kälte blieb lange,zu lange als das man daran glauben mochte die Wärme könnte das Eis schmelzen lassen.
Ich habe viel erlebt,innerhalb kürzester Zeit. Ein paar Tage auf einem Luxusdampfer,ein Tag in England, mit einem der wundervollsten Menschen der Welt – meiner Mum. Ich werde es nie vergessen und mit einem Lächeln meinen geliebten Erinnerungen hinzufügen.
Zuvor gab es einen 2-Wöchiger Trip nach Schweden mit Höhen und Tiefen,mit vielen Worten,viel Lachen,viel Wut,ein paar Tränen und viel viel Freiheit. Auf dem Rücken einen vollgepackten Rucksack,der so viel wog,das man ständig schwächelte,aber seine Beschwerden nie laut äußerte. An der Seite zwei Menschen die die selbe Last trugen und die vielen Tage in der Natur schwedischer Wälder und wenigen Tage in der wundervollen Stadt Stockholm, unvergesslich machten. Unzählige Momente in denen Mücken zu ernsten Feinden,die Sonne und Lagerfeuer die einzige Lichtquelle, Wasser erst nach langen Märschen erreichbar und jede Wetterumstellung zu einem Abenteuer wurden. Es waren nur wenige von vielen Augenblicken die Leben in das triste Dasein der Seele hauchten.
Ich vermisse das hohe Gras zwischen meinen Zehen, das Kalte Wasser von den großen Seen, den herabstürzenden Regen der unsere Zelte überflutet und die Stimmung niederdrückte. Ich vermisse die Zeitlosigkeit die uns so gut tat, die nächtlichen Geräusche von Grillen,Vögeln und dem Wind der die Blätter der Bäume zu einem rauschenden Konzert zwang. Ich vermisse den Dreck an den Händen,auf der Haut und an den Klamotten, der nach ein paar Runden im See weggewaschen und für ein Gefühl sorgte das einem ein breites Grinsen auf die Lippen zauberte. Man fühlte sich wie neugeboren. Ich vermisse das Umherjagen, Rennen und Spazieren wie junge Wölfe,zwischen Felsen,Bäumen und dichten Gestrüpp, als wäre der Wald schon immer unser zu Hause gewesen. Der weite Himmel ,klar ,so wie mit all seinen Wolken, der mal blau ,mal grau und dann wieder tiefschwarz über uns hing – auch ihn vermisse ich. Selbst das schwere Gepäck, der Hunger der am Ende an uns nagte ,die blutrünstigen Mücken,die selbst vor Mückenschutz keinen Halt machten und so viele Geschenke,in Form von Stichen hinterließen,das jeder von uns dachte verrückt zu werden vor Juckreiz. Sogar die nächtliche Kälte,die unbequemen Äste und Steine unter unseren Schlafsäcken, das zerstörerische, beängstigende Gewitter vermisse ich. Ich möchte es zurückhaben. Und mit all dem auch die abendlichen Lagerfeuer mit all ihrer Wärme – gern würde jetzt wieder davor sitzen,auf einem kleinen Stein,einem Baumstumpf oder auf dem von Ameisen bevölkerten Boden. Der Geruch von Holz,Kiefernnadeln und purer Natur,der besser roch als jedes Parfüm…
Wenn ich zu dieser Zeit in die Ferne geschaut habe,sah ich Freiheit,mehr als Freiheit..ganz anders,als das Bild das ich sehe wenn ich hier sitze und aus dem Fenster starre – hier,wo sich die Straßen grau,bevölkert von Menschen und Autos ,ihre Wege zwischen hohen Gebäuden bahnen.Hier draußen wo die Verpflichtungen warten,der Alltag nach einem ruft und die Ketten bereithält,die man sich selbst ausgesucht hat. Alles rast,lässt einen vergessen und doch deutlich spüren das die Freiheit dort zurückgelassen wurde,wo sie hingehört – nicht hier her.
Die Kälte kehrt zurück…langsam, aber spürbar.
Und ich möchte einfach wieder fort..

M.L.

Immer schön aufs Gas drücken.

Funktionieren,fuktionieren,fuktionieren…  Und so laufe ich weiter,bin in Betrieb,wie ein vollgetankter Wagen,der trotz des prallgefüllten Tanks und des leistungsstarken  Motors nur auf mikrige 60 km/h kommt und selbst da zu stottern und rumohren beginnt.60 km/h langsam ,aber dennoch schnell genug um mit ganzer Wucht gegen die nächste Wand zu preschen, dem umherfliegenden Schrott,dem aufgewirbelten Staub guten Tag zu wünschen und demoliert weiterzufahren.So geht es Tag für Tag,bis der Motor aufjohlt,nach mehr Benzin verlangt und an der Leere erstickt.

Ich bin einer von vielen Wagen,der mit seiner aufpolierten Lackschicht ,Kratzer und Beulen sammelt und trotzdem immer weiter fährt.

M.L.

Wie Nitroglycerin.

Da ist sie wieder und sitzt mir im Nacken,jagt ihre Zähne in meinen Hals um jedes zur Zeit exitierende positive Gefühl zu zerfressen,ehe sie in schallendes Gelächter ausbricht,nur um mir dann ins Gesicht zu schlagen und hässliche Worte zu flüstern.Dieses Etwas,das ich Wut nenne.Dieses Etwas,das ich eigentlich gut im Griff habe,aber immer noch,trotz allem existiert und immer ein treuer Begleiter sein wird – gewollt wie ungewollt.
Diese Wut,die sich immer wieder anschleicht und an jeder Ecke,an der ich vorbeilaufe,auf mich wartet – sehnsüchtig und mit einem hässlichen Grinsen im Gesicht. Die Wut,die nur darauf wartet von mir beachtet zu werden,mich anzuspringen,mich einzulullen und nicht mehr so schnell loszulassen.Die Wut die sich in mein Inneres brennt und schon seit Ewigkeiten brannte,wie Nitroglycerin das kurz davor ist auf heftige Weise mit einer Wand in Kontakt zu kommen,um so für eine gewaltige Explosion zu sorgen.Die Wut,die mich ein Stück weit lebendiger werden lässt.
Worüber ich so wütend bin? Da gibt es so vieles, doch ‚jetzt‘ ist es viel mehr die Welt,auf die sich dieses Gefühl richtet – auf die Welt,die ihrer Zerstörung entgegenlächelt,auf die Menschheit,die ungerne all die Schuld auf sich nimmt,auf die Gesellschaft die vorgibt das man auf das Beste zuarbeitet,im Grunde aber das Gegenteil bewirkt oder nicht genug tut um das Schlimmste zu verhindern,weil es zu anstrengend ist, oder aber bewusst dem Wahnsinn entgegenspielt ohne endlich mal auf die Notbremse zu treten.
Meine Wut richtet sich gegen Kinderschänder,die ihre Taten schlimmstenfalls auch noch ohne Reue vollbringen und den trauernden Eltern frech entgegengrinsen.
Sie richtet sich gegen Eltern die ihre Kinder misshandeln,weil sie weder Kontrolle über sich selbst,noch über ihr eigenes Leben haben.
Gegen die größte Verarschung in der Menscheit,mit dem Namen Kapitalismus,der Krieg,Zerstörung und Unterbdrückung mit sich bringt, die Armen ärmer und die Reichen reicher macht.
Gegen Tierquälerei die jedes noch so geringe Leid,das Tieren angetan wird mit einschließt.
Gegen den hohen Konsum an Lebensmitteln und allen möglichen Scheiß den der Mensch nicht braucht aber unbedingt haben will.
Gegen die enorme Macht und die Massen an Geld,für die Menschen sogar ihre eigene Familie verraten oder gar umbringen würden – es sogar auch noch tun!
Gegen das asoziale Verhalten unserer Mitmenschen,die Mobbing zu ihrem neuen Hobby ernannt haben.
Gegen die Intoleranz die herrscht und überall präsent ist.
Gegen die Diktaktur ,die in einigen Ländern noch immer kein Ende findet.
Gegen Unterdrückung und Pflichten,die den Willen eines Menschen brechen.

Gegen,gegen,gegen…

Ich bin wütend,auf all das und viel mehr.
Doch vor allem bin ich wütend auf mich selbst, denn ich bin mit allem was ich habe,ein Teil vom Ganzen, auch wenn ich es Größtenteils nicht sein möchte.

M.L.

Gewohnheitstier.

„Society,you’re a crazy breed.“ heißt es im Refrain von Eddie Vedders Lied „Society.“ und äußert damit einen Gedanken der so viel Wahrheit und Gefühl beinhaltet,das man sich,im Bezug auf den Wunsch einfach auszubrechen,sich von der Gesellschaft die einen umgibt zu entfernen und alle Fesseln zu durchbrechen, sofort verstanden fühlt.Das Gefühl an einen Ort zu ziehen,wo man genügend Zeit für sich hat, das Gefühl frei sein zu wollen, das Gefühl ohne materiellen Überfluss auszukommen und damit glücklich zu sein, das Gefühl zu leben wie es einen in den Sinn kommt.
Oft sind solche Gedanken mit einem „Einfach“ verbunden.
„Einfach Sachen packen und verschwinden.“  „Einfach alles stehen und liegen lassen.“  “ Einfach den Job und die Wohnung kündigen, sämtliche überflüssige Kontakte am Besten auch noch.“  „Einfach auf Alles und Jeden scheißen.“  „Einfach nicht mehr im Supermarkt einkaufen gehen und dieses Konsumchaos weiter unterstützen.“  „Einfach mit dem leben was man zum Überleben braucht.“  „Einfach an einen Ort reisen,wo man sich wohlfühlt und für immer bleiben möchte.“ „Einfach,einfach,einfach….“
Doch eben genau das ist es nicht.Es ist NICHT einfach einen fetten Schlusstrich unter all den Dingen zu ziehen die man mit sich trägt, die einen festhalten oder sogar so einnehmen,das man völlig vergisst,was man im Leben überhaupt will – wirklich WILL und nicht MUSS.
Mit Allem schluss zu machen was man in seinem Leben noch weniger begrüßt,als eine langlebige Infektion im Rachenraum oder einen Tumor in der Magengegend, ist für viele eine schwerwiegende Entscheidung und oft undenkbar in die Tat umzusetzen.Es ist ‚einfach‘ nicht einfach.
Wobei „Einfach“ auch gerne mal ein Ausdruck von Bequemlichkeit ist.
„Einfach“ sind Ziele,die man ohne große Anstrengung erreichen kann.
„Einfach“ bringt einen bitteren,manchmal aber auch süßen oder nüchternden Beigeschmack mit sich,der im Positiven beruhigend, im Negativen jedoch eher niederreißend wirken kann.
„Einfach“ ist einfach weniger wert.

Für viele ist es „einfach“ schier unmöglich ein Stück vom gewohnten,tristen,langweiligen,oft nervtötenden Leben loszulassen und sich ein Stück Freiheit zu angeln,das einem erlaubt das zu tun was man tun will,was einen vielleicht sogar für einen Moment glücklich macht – viel glücklicher als ein Haufen Geld auf der Bank, oder einen schicken neuen Wagen vor der Tür für den man von Morgens bis Abends geackert hat.Etwas was einem so gut tut,das man sich gleich ein ganzes Stück lebendiger fühlt.
Etwas was vielleicht viel kleiner ,aber umso mehr Bedeutung hat,als man vorerst glauben möchte.

Wir vergessen im Schlamm des Alltags viel zu oft,uns die Frage zu stellen was uns wirklich glücklich und was uns wirklich unglückich macht.
Macht uns Geld glücklich? Machen uns unsere Besitztümer glückich? Macht uns die neuste Technik glücklich? Oder machen uns schlichte Komplimente von unseren Arbeitskollegen oder unserem Chef glückich? Kleine gemeinsame Momente mit Freunden und der Familie? Sekunden oder Minuten in denen wir über etwas lachen können?
Viel zu oft,halten wir uns vor Augen was wir nicht mögen,was uns unglücklich macht, ohne großartig etwas daran zu ändern.Viel zu oft belügen wir uns selbst mit der Begründung,das es sich ja nicht ändern lassen würde, das man etwas nicht kann, das alles keinen Sinn hat,das eh alles so bleibt,wie es ist, usw.
Es ist schon seltsam,das der Mensch viel lieber mit den negativen Dingen lebt – gefesselt von der Angst,der Gewohnheit oder Faulheit – anstatt das zutun was nötig ist um nicht im Alltagssumpf zu ertrinken.
Wir sind eine seltsame,verrückte Spezies,die widersprüchlicher nicht sein könnte.

M.L.

Daumen raus und ab nach Flensburg!

 

 

Man könnte glauben, eine Strecke von Neumünster bis Flensburg,die um die 100 Kilometer beträgt, wäre locker zu überbrücken.Nun,wenn man mit dem Auto fährt,stimmt das auch! Wir – Dai und ich – hatten uns aber in den Kopf gesetzt größtenteils zu Fuß,selten per Anhalter zu trampen.

So begann unsere Reise am Bahnhof von Neumünster, einer Stadt die scheinbar an Farbe spart und ein tristes Grau in Grau trägt.Nicht umsonst betiteln so einige diesen Ort,als hässlichste Stadt überhaupt.Ganz nach dem Motto “Es gibt hässliche Orte und es gibt Neumünster.” Ob es noch einen unschöneren Ort gibt?Bestimmt! Aber kaum hier in der Nähe.
Der Anfang war also gemacht,indem wir einfach nur der Rendsburger Straße folgen,immer der Nase nach,geradeaus, bis zu dem Punkt an dem die erste Schnellstraße zwei weitere Wege für uns bereithielt.Ein weiter Bogen Richtung Rungestraße oder aber an den Holstenhallen vorbei.Gefühlte Minuten standen wir da,geplagt von der Unentschlossenheit und der Überlegung,welcher Weg denn schneller wäre.Die Entscheidung wurde uns schnell abgenommen,als 3 Jungs,die die frische 20er Grenze des Alters erreicht hatten, ebenso Planlos an der Ampel standen und uns prompt als Wegweiser betrachteten.Die Discothek “Sky” sollte ihr Ziel werden.
Natürlich ist man Hilfsbereit und manchmal geradezu übereifrig,den Verlorenen den Weg zu zeigen.Aber es kam noch besser: Ich schlug kurzerhand vor,die jungen Herren direkt dort hinzuführen und ersparte Dai und mir somit weitere Minuten der Unschlüssigkeit.
So ging es also an den Holstenhallen vorbei,immer weiter,bis das Ziel erreicht war,wobei mir nicht entging das es für die 3 eine sichtliche Enttäuschung war.Wie sich herausstellte,waren sie aus Köln hier hochgetuckert,in großer Erwartung etwas Aufregendes,geradezu Atembereubendes zu erleben; schließlich hatten sie diese kleine Reise gewonnen und konnten endlich eine ganz neue Ecke der Welt entdecken!Ein Abenteuer,das sie sich mehr oder weniger hätten sparen können,denn Neumünster hat nicht wirklich viel zu bieten,bis auf eine Hand voll Autofahrer die ihren Führerschein scheinbar in Afrika erworben haben,oder aber Radfahrer die denken sie wären die Könige der Straßen und damit im Recht,wenn es darum ging Fußgänger anzupöbeln,sie sollen doch auch noch ihren Hintern vom GEHweg bewegen, denn Fahrradfahrer brauchen viel mehr Platz!Und wenn man nicht gerade von einem Auto oder Fahrrad halb umgekachelt wird,bekommt man wenigstens einen abwertenden Blick oder einen Schwall von asozialem Verhalten vor die Füße geworfen.Natürlich sind nicht alle Neumünsteraner so,absolut nicht.
Aber lieber zurück zum Thema:Wir ließen die Jungs nach einem kurzen Austausch von Ironie,Namen und Erläuterungen über unser Trampabenteuer zurück und machten uns auf den direkten Weg nach Timmaspe; ein Weg der ca 3 Stunden in Anspruch nahm, aber vorüberging,als handelte es sich nur um einen kleinen Spaziergang. Es war längst dunkel über den Dächern und Feldern,über unseren von der kalten Nachtluft berauschten Köpfen,doch es war relativ warm,geradezu angenehm und daher kein Problem immer noch im kurzen Shirt herumzulaufen.Selbst auf den Landstraßen,umgeben von dunklen Feldern und kleinen Waldstücken,war die Kälte nicht groß genug um den dicken Pulli aus den Abgründen der Tasche zu wühlen.

In Timmaspe machten wir unsere erste Pause,die wir auf einer einladenden Bank aus vermoderten Holz verbrachten,hinter der eine kleine Landkarte mit Orten in der Umgebung,als Hintergrund diente.Ein Plan,den Dai sofort unter die Lupe nahm und regelrecht studierte, während ich damit beschäftigt war,den Kampf mit der Resiwaffeltüte anzufechten,die sich gewaltig dagegen sträubte aufzugehen!Das sind solche Situationen wo man sich fragt,ob man nicht einfach zu schwach für diese Welt ist.
Nach Minutenlanger Anstrengung war es mir, und auch Dai endlich vergönnt in den Genuss von Schokibeschichteten Resiwaffeln zu kommen.
Die Ruhe die über uns lag war angenehm zufriedenstellend und wurde erst durch das gleichmäßige Kauen und leise Gemurmel Dai’s unterbrochen,die mit dem Finger von einer Ecke der Karte,zur nächsten fuhr und dabei erklärte,wo wir uns befanden,wo wir hinmussten und was sich in der nahen Umgebung befand.Mir kam abrupt der Gedanke,das sie eindeutig unser Navigationsystem darstellt,das sie,sollte ich den Überbllick und die Orientierung verlieren(was oft der Fall ist!) uns beide schon aus dem WirrWarr herausführen würde.
Gerade als sie aufhörte unseren Weg zu studieren und der letzte Krümel im Magen verschwand,wurden wir auf etwas aufmerksam,was schon seit einer ganzen Weile die Hintergrundstimmung durchbrach und durch ein leises kratzendes Geräusch erweiterte.
Unsere Blicke fielen auf eine kleine Grünfläche,wo eine gewaltige Buche thronte und den Blick auf eine ältere Frau kurzzeitig verdeckte.Im Nacheinein würde ich zu gerne Dai’s und meinen Gesichtsuasdruck sehen,als wir merkten,das diese Frau, mitten in der Nacht ihren Vorgarten umgrub! Bewaffnet mit einer kleinen Handschaufel war sie in geduckter Haltung eifrig dabei Löcher zu buddeln,wieder zu schließen,Unkraut herauszuzupfen und…uns jede Menge Spekulationen ins Hirn zu pressen.Mein erster Gedanke war makaber,aber durchaus typisch und garantiert die erste Antwort auf die Frage “Warum gräbt jemand um kurz nach 0 Uhr Löcher im Garten?”. “Bestimmt vergräbt sie eine zerstückelte Leiche!” .Als hätte Dai meine Gedanken gelesen flossen ähnliche Worte auch schon aus ihr heraus,gefolgt von einem Lachen,das ansteckte.Einen Augenblick lang beobachteten wir still, ehe unsere Rucksäcke wieder aufgesetzt und unser Weg fortgesetzt wurde.Unsere Vermutungen nahmen kein Ende,selbst als wir längst aus Timmaspe raus waren und wieder einer einsamen,dunklen,von Maisfeldern umzingelten Landstraße entlangliefen.Licht spendeten die kleinen Lichter,ähnlich einer Taschenlampe ,die ebenso eine wirksame Hilfe waren,wie unsere Reflektionstreifen.Jeder der einmal im Auto saß weiß sicherlich wie schlecht die Sicht auf dunkelgekleidete Menschen sein kann.

Ich weiß nicht mehr um wie viel Uhr,uns endlich mal ein Auto an die Seite drängte und dessen Fahrer so nett war uns ein gewaltiges Stück mitzunehmen.Ja,ich weiß, einige unter euch werden jetzt denken “Oh Gott,seid ihr bekloppt!Das ist gefährlich” und genau das ist eine Reaktion die wir nicht nur vom ersten Fahrer erfuhren,sondern auch von den Nächsten und dem Nächsten UND beinahe jedem der Teil an dieser Geschichte nehmen durfte.Vielleicht sollte ich in diesem Fall erwähnen das mir die Gefahren durchaus bewusst sind und auch waren,als ich aufbrach,das ich mir mehr als ein mal Gedanken über das “was ist wenn..” gemacht habe.Und das es mir schlicht weg scheiß egal ist das mir jeder Zweite erklärte wie Gefährlich es ja sei.
Unser erster Fahrer schmiss uns an der Autobahneinfahrt Richtung Flensburg raus,an der wir knappe 30 Minuten herumstanden,Autos anwinkten,blöd angrinsten und schließlich geschlagen unter dem gewaltigen Schild Platz nahmen.Nun,es blieben 3 Möglichkeiten: wir warten weiter bis jemand so gnädig ist uns ein Stück mitzunehmen,wir laufen einen gewaltigen Bogen durch mehrere kleine Dörfer und lange Landstraßen,was uns mehr als 2 Stunden zurückwerfen würde oder aber wir laufen einfach die A7 entlang.Drei mal dürft ihr raten was wir getan haben. Wer jetzt denkt wir hätten weiter gewartet,kennt meine Ungeduld nicht und wer denkt wir wären weiter durch die Dörfer gelatscht, weiß nicht wie Risikoliebend ich sein kann.Natürlich liefen wir die A7 entlang.Eine Tat die nicht nur dumm und naiv ist,sondern auch verdammt lebensmüde und gefährlich.Wir drängten uns so nahe an den angrenzenden Büschen das wir beide alle 5 Meter entweder einen Ast, oder ein Spinnennetz in die Fresse bekamen.Aber das war immerhin besser als ein Auto im Rücken.So nahe wir auch am Rand entlangliefen,wir waren gut sichtbar für jene die an uns vorbeirauschten,in einer Lautstärke und Geschwindigkeit das einen mehr Stress empfinden ließ,als in einem überfüllten kleinen Raum voller Schlagersänger,die alle anfingen ein anderes Lied zu singen.Es war schlichtweg nervig aber gut auszuhalten.
Und auch die Autofahrer zeigten mit einem Hupen,das sie es alles andere als gut empfanden.Ironischerweise erkundigte sich meine Mutter in diesem Moment per SMS ob alles gut sei und mahnte noch davor das ich ja keinen Unsinn anstellen sollte.Ich antwortete damit das alles super war.Was das seelische Befinden betraf,hätte es nicht besser sein können! Der Marsch auf der Autobahn konnte die Laune kaum vermiesen.
Kennt ihr diese Durchsagen im Radio,das Menschen auf der Fahrbahn herumlaufen und man daher vorsichtig sein soll? Genau das war bei uns auch der Fall und diejenigen die dafür sorgen mussten,Idioten wie uns von der Bahn zu scheuchen ließen nicht lange auf sich warten.Auf dem dunklen Asphalt spiegelte sich das grellblaue Licht eines Polizeiwagens ab,der im geringen Tempo auf uns zukam und nur wenige Centimeter an uns vorbeifuhr ,bis er schließlich stehenblieb.Nur ein Atemzug darauf stürzte eine blondhaarige Polizisten,nicht älter als 30, aus dem Wagen. “Das meint ihr nicht ernst oder!?” keifte sie sofort los und verursachte bei mir ein Gefühl das mit Abneigung gleichzusetzen war.Völlig ernst antwortete ich mit einem knappen “Doch.” was ihr wiederrum ein fassungsloses “Ne.” abverlangte,gefolgt von der Aufforderung ins Auto zu steigen und unsere Ausweise herauszukramen.Während Dai der Aufforderung folgte,erklärte ich das ich keinen dabei hatte,das ich es als unnötig betrachten würde, sie aber gerne bei meiner Mutter anrufen könne,wenn sie Bestätigung für meine Angaben bräuchte.Die Personalien wurden aufgenommen und die Fragen warum wir ausgerechnet die Autobahn als Fußgängerweg nutzen,wo wir hinwollten,ob wir von zu Hause abgehauen sind oder vor sonst was auf der Flucht waren, entsprechend beantwortet.Die Stimmung wurde lockerer und auch das Gefühl der Abneigung das ich zuvor empfand war verflogen,stattdessen fand Ironie ihren Platz im Gespräch.”Und ich dachte wir wären bekloppt.” meinte die Blonde zu ihrem Kollegen,der während der Fahrt nur wenige Worte veloren hatte und nun mit einem Grinsen im Gesicht zu ihr rüberlinste.Mit einem überzeugenden,langsamen Nicken meinte ich “Jetzt kennen sie uns.” und mir war klar,das wir für die nächsten Stunden neben den ganzen anderen Bekloppten,Gesprächsthema auf der Polizeiwache sein würden.

Unsere kleine Fahrt mit den Hütern des Gesetzes endete an der nächsten Raststätte,wobei man uns riet doch bitte nicht weiter über die Autobahn zu laufen,sondern gemütlich einen Weg,der extra für Wanderer vorgesehen war, zu nutzen.Nachdem wir an der Raststätte über eine Stunde vergeblich nach einer Mitfahrgelegenheit ausschau hielten,fragten und abgewiesen wurden,nahmen wir genau diesen Weg,der uns quer durch die Pampa führte.Umringt von gewaltigen Fichten,mikrigen Feldern und Spinnennetzen die uns alle 5 Meter im Gesicht hingen,war es mitunter der ruhigste Teil unserer kleinen Reise und zugegeben auch der verwirrenste und dunkelste.Jede Ausschilderung ließ uns erleichtert aufatmen,bevor die Genervtheit einen Ton von sich gab,bei der Kilometerzahl die uns aufgezeigt wurde.
Ich weiß nicht mehr wie lange wir umherliefen,wie oft der Routenplaner herausgewühlt und wieder verstaut wurde,bis das Papier so knittrig und zerflückt war,das die Strecke darauf beinahe unerkenntlich wurde.Erst als wir eine alte verlassene Bushaltestelle erreichten,beschlossen Dai uns ich eine Pause einzulegen und unserer Müdigkeit etwas mehr Raum zu lassen.Die Kälte kroch in Nebelschwaden über das Feld ringsrum und ich ahnte bereits das wir keine Sekunde Schlaf kriegen würden,denn wir hatten weder das Zelt was meine Mum mir ans Herz legte(Dafür noch mal danke und entschuldigung.), noch einen Schlafsack oder eine dicke Decke dabei.Naiv wie wir waren,dachten wir beim Aufbruch das wir weder das Eine noch das Adere benötigen würden.So blieben uns nur unsere Klamotten und eine dünne Fließdecke aus Dai’s Besitz.Wenigstens sie hatte in diesen Fall etwas mehr nachgedacht als ich.

Unsere Nachtruhe hielt keine 20 Minuten,als wir beschlossen unseren Fußmarsch fortzusetzen – gequälter,müder,vom Gefühl her abwesend und zeitlos.
Die schmale Landstraße die unseren Weg darstellte war so selten befahren,das wir der festen Überzeugung waren das uns hier niemals jemand mitnehmen würde und dies auch kleinlaut äußerten.Doch wie man weiß kommt es gerade in solchen Momenten ganz anders als man denkt.Dai und ich streckten bei jedem Auto was vorbeirauschte den Daumen raus und nur ein einziger Fahrer reagierte entsprechend auf unser Zeichen,anstatt wie diejenigen davor,noch mal extra aufs Gas zu drücken.
Beim Einsteigen wurde mir sofort klar,wieso – besser gesagt, ich konnte mir gut vorstellen weshalb! Der Mann am Steuer kam,wie er uns knapp erklärte, gerade frisch von seinem Dienst bei der Bundeswehr und war daher noch in seiner kompletten Uniform eingekleidet!Er war also ein Mensch der wusste wie anstrengend lange Fußmärsche mit schweren Gepäck,mitten in der Pampa,am Arsch der Welt,sein konnten.
Dank ihm landeten wir nach einer Weile in Schleswig,wo unsere Füße uns als erstes auf den Hof vom wunderbaren Schloss Gottorf brachten,wo wir uns,vorbei an menschlichen Statuen, auf einer alten Holzbank mit Tisch niederließen und dabei einen hinreißenden Blick auf den See werfen durften,auf dem Enten,Schwäne und unzählige Mücken ihr zu Hause hatten.Für die einen ist dies ein Platz der romantischer wohl nicht sein könnte,ein Ort der zum nachdenken,träumen und schwärmen einlädt.Für mich war es ein Ort an dem ich seelenruhig meine Zähne putzen konnte.
Bevor jetzt alle denken,ich hätte dafür das Seewasser benutzt, muss ich passen.Ich bin verrückt,aber SO verrückt nun auch wieder nicht.Wahrscheinlich wäre ich dort eh viel eher reingefallen,bevor meine Zahnbürste auch nur Ansatzweise die Wasseroberfläche berührt hätte.
Als Spühlwasser musste also mein geliebtes Volvic-Kirschwasser her.In Kombination mit Zahnpasta schmeckt dies gar nicht mal so schlecht!

Der Rest unseres Aufenthaltes in Schleswig beschränkte sich auf einen kurzen Spaziergang durch die Stadt,ein kleines Frühstück bei Backfactory,eine lange Wartezeit an einer Tankstelle,wo unsere Frage nach Mitfahrgelegenheiten fast schon monothon runtergerattert wurde, und 2 Stunden Schlaf auf dem Vorrasen der besagten Tanke.Ihr glaubt gar nicht wie schön es sein kann auf einen Rasen zu liegen wenn man völlig übermüdet ist,gewärmt von der Sonne und taub für die unaufhörlichen Autogeräusche,die an uns vorbeirauschten.Diese Erholung hielt solange an,bis mich eine hohe,alles übertönende Kinderstimme mit den Worten “Ey!Nicht da schlafen!!!” aus den Schlaf riss.In meinem unbezahlbaren Kopfkino spielte sich eine Szene ab,in der ich aufsprang und den Ruhestörer vom Fahrrad riss.Natürlich hätte ich das Kind niemals vom Fahrrad reißen können,aber der Gedanke daran war tröstlich!
Und immerhin haben die 2 Stunden ausgereicht unsere Kräfte ausreichend aufzutanken.
Wir waren wieder motiviert und zielstrebig,allerdings Körperlich noch immer regelrecht erschlagen, so das wir den Rest der Strecke mit dem Zug zurücklegen mussten.Zu Fuß hätten wir höchstens noch 10 Kilometer geschafft,wenn nicht sogar weniger.Ich musste mir selbst eingestehen aus der Übung zu sein,das ich nicht länger,ohne Training diesen körperlichen Anforderungen die ich mir selbst stellte,gerecht werden konnte,das ich die Grenzen meines Könnens falsch eingeschätzt und ignoriert hatte.Wie so oft.

Im Nachinein jedoch,spielten diese Gedanken keine große Rolle mehr.Dai und ich hatten schließlich dennoch unser Ziel erreicht.Wir waren über die Hälfte gelaufen,ab und an gefahren.Die Belohnung dafür war die wunderschöne Stadt Flensburg,die wir mit ganzer Aufmerksamkeit regelrecht aufsaugten.Der Hafen,die Schiffe und Boote,die einzelnen kleinen und großen Läden, die alten Gebäude,die zwischen den Neubauten wie Kunstwerke wirkten.Die verschiedenen Menschen die einen entgegenkamen,wobei der eine oder andere dank seiner Sprache äußerte aus Dänemark zu stammen.
Gegen das Grau meiner Heimatstadt Neumünster,wirkt Flensburg wie ein einziger Regenbogen und ich war über jede Sekunde froh darüber nicht auf halber Strecke umgekehrt zu sein.

M.L.

Christopher McCandless

Es handelt sich um eine Lebengeschichte,die mich seit Monaten nicht mehr loslässt,die Gedanken aufwirft,die sich immer wieder wiederholen „Dort war ein Mensch,dem man auf gespenstische Art und Weise ähnlich ist,ohne diesen Menschen wirklich gekannt und das selbe erlebt zu haben.“ Es sind die Gedanken und Verhaltensmuster,die da zählen,die einem bewusst machen,das man nicht alleine ist,mit seinen eigenen verkorksten Plänen,Gedanken,Empfindungen und Träumen.

In Alaska begenet man dieser Geschichte,die sich wahrhaft zugetragen hat, mit Spott,Abneigung,Achselzucken oder gar Neid und Begeisterung.Natürlich,da war dieser junge Mann,der beschloss in die Welt zu ziehen,durch halb Amerika,ohne Geld,ohne Landkarte,ohne Kompass,ohne großartige Ausrüstig oder Erfahrung über das Gebiet was vor ihm lag.

Viele sagen es war schlicht und einfach dumm.

Vorallem wenn die Tatsache auf den Tisch geworfen wird,das er sich während seines letzen Aufenthaltsortes,wo er schließlich an Unterernährung und einer in Frage gestellter Vergiftung,starb, 20 Meilen von einem Highway,4 Tagesmärsche von einem Dorf und ein Stück Flussabwärts von einer Flussbrücke, entfernt aufhielt.
Da bleibt die Frage: hätte er all das gewusst,hätte er die Chance wirklich genutzt sein Leben zu retten?Oder ist es wie er es auf ein Stück Pappe schrieb „I have had a happy life and I thank the Lord. Goodbye and may God bless all.“? War er bis zum Ende,in dieser einsamen Wildnis, glücklich? Vielleicht ja,vielleicht aber auch nicht.Vielleicht freundete er sich mit dem Gedanken an,alleine in dieser Wildnis zu sterben.

Sicher,als er zurückwollte und der Fluss seinen Weg versperrte hatte er Angst, aber etwa auch das empfinden von tiefer Verzweiflung?Wir werden uns immer wieder diese Fragen stellen,mit dem Wissen niemals eine korrekte Antwort zu erfahren.Es sind und bleiben Spekulationen,eigene Meinungen über eine Geschichte die nicht uns,sondern Christopher McCandless gehört.Eine Geschichte die nur er hätte erzählen können,mit mehr Wahrheit,als die kläglichen Überreste,Dokumente,Interviews von Familie und Freunden,Menschen die er unterwegs traf, preisgab.

Ich – und damit bin ich nicht die Einzige,nein sogar eine von Vielen – bewundere diesen Menschen für seinen Mut und die Entschlossenheit alles stehen zu lassen,sich aus dem routinemäßigen Alltag zu befreien, der Gesellschaft den Rücken zu kehren,mit Nichts als dem Allernötigstem.

Wo sich so viele Menschen nicht trauen aus dem Alltäglichen auszureißen, einen völlig eigenen Weg zu gehen und auf alles was uns so selbstverständlich vorkommt loszusagen, hat dieser Mensch es ohne wenn und aber getan.Wie viele können soetwas schon übers Herz bringen?Kaum jemand.

Was ich daran fast schon typisch finde ist,das er ausgerechnet erst nach seinem Tod so berühmt wurde.
Wäre er heute noch am Leben, hätten wir überhaupt von ihm gewusst?Wenn,würden wir so über ihn und sein Leben denken,wie wir es heute tun?Ich bezweifle es.So tragisch sein Ableben auch ist,kann ich doch sagen,das es eben dennoch etwas gutes an sich hat:wir haben eben DOCH von ihm erfahren…und die einen oder anderen,fühlen sich mit einem weiteren Menschen,auf seltsame Art und Weise verbunden, ohne ihn direkt kennengelernt zu haben.

Was mich an Christopher McCandless fasziniert und was mir ein Gefühl von Verbundenheit verschafft, ist das was man über seine Denkweise und Ansichten sagen kann,über seine Vorhaben und eben die vollführung seiner ungeplanten Pläne.

Anstatt wie viele seiner Altergenossen auf Partys zu gehen und sich mit Alkohol zu betäuben,fuhr er mit seinem alten Datsun in die Viertel,wo Obdachlose ihr Leben fristeten, um eben diesen Menschen Nahrung zu geben – finanziert von seinem eigenen,erarbeiteten Geld.

Fasziniert von Schriftstellern,wie Leo Tolstoi,Henry David Thoreau und Jack London, fand er in deren Werken das Verständnis und einen möglichen Leitfaden,den er scheinbar sonst nirgends auffinden konnte.

Und obwohl er sein Studium mit hervoragendem Notendurchnitt abschloss,ein zu Hause hatte,das nichts an materiellen Wert zu bemängelt hatte, war vielleicht gerade das mit ein Grund allem den Rücken zu kehren – dem Geld,der Sicherheit,der Zukunft an einer Universität,einem gutbezahlten Job,der eigenen Familie und Freunden.Der Drang nach Freiheit mag für die einen ein Kampf,für andere eine Flucht sein. Für mich ist es beides. Nichts ist schwerer,als loszulassen,sich selbst gegenüberzustehen und mit Gedanken,Gefühlen in Konfrontation zu stehen,die man sonst so erfolgreich in der Alltäglichkeit untergraben konnte.
Erstickt unter der Angst fliehen wir alle vor uns selbst,sei es indem wir unser Hirn mit den Medien vollstopfen,die für uns das Denken übernehmen oder mit Videospielen,Tv-Shows,Alkohol,Drogen,Beziehungen,Esstörungen,Selbstverletzung,Arbeit und dem eisernen Willen zu funktionieren.Jeder tut es auf seine Weise,so wie er es für richtig hält, manchmal oder gar oft sogar unbewusst.

Für Christopher McCandless war es wie es aussieht,eine Flucht vor der Wut,Enttäuschung,Zerrissenheit und Verständlislosigkeit ,die er seiner Meinung nach dank seiner Eltern einheimste und nicht abschütteln konnte.Es war ein Versuch den eigenen Fehlern ,denen des Umfelds,der eigenen Familie und übrigen Gesellschaft zu entkommen.

Für mich war er ein ebenso zerrissener Mensch,wie viele unter uns.Ein Mensch der in seinem Abenteuer sowohl einen Kampf,als auch eine Flucht sah.Ein Weg sich selbst zu finden und zu verstehen,vielleicht sogar endlich sich selbst und seinen Mitmenschen zu verzeihen.

M.L.